- Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass eine wegen unrichtigen Steuerausweises geschuldete Steuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehen kann, in dem die Rechnung mit dem unrichtigen Steuerausweis erteilt worden ist. Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag gesondert ausgewiesen, als er für den Umsatz schuldet, schuldet er auch den Mehrbetrag. Nach derzeitiger Rechtslage entsteht die Steuer in diesen Fällen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Dies führt in Fällen späterer Rechnungserteilung (z. B. Nachberechnungsfälle) dazu, dass der Unternehmer die Steuer rückwirkend schuldet. Durch die nun vorgesehene Anpassung werden solche Rückwirkungsfälle vermieden: Die Steuer entsteht im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Das gilt auch für den unberechtigten Steuerausweis.
- Auch wenn nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke sind, soll es bei der Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger bleiben. Damit soll eine Vielzahl von in der Praxis nicht handhabbaren Abgrenzungsproblemen zwischen Bauwerk und Betriebsvorrichtung vermieden werden. Die Finanzverwaltung hatte bestimmte Leistungsbezüge für den hoheitlichen Bereich vom Reverse-Charge-Verfahren ausgenommen, allerdings nur in einer Verwaltungsanweisung. Um unversteuerte Umsätze zu verhindern, werden diese Ausnahmen von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nun in das UStG aufgenommen. Betroffen sind neben Bauleistungen, Strom- und Gaslieferungen, Gebäudereinigungsleistungen, Goldlieferungen, Lieferungen von Gegenständen der Anlage 3 zum UStG (Altmetalle, Schrott), Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern, Spielekonsolen, integrierten Schaltkreisen und Metallen der Anlage 4 zum UStG.
- Ferner wird die Unternehmereigenschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) weitgehend neu geregelt. Tätigkeiten einer jPdöR, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt erfolgen, werden nicht unternehmerisch ausgeübt, so dass sie nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Wird eine jPdöR wie eine Privatperson tätig, ist sie mit dieser Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig. Um hoheitliche, nicht umsatzsteuerbare Leistungen zu erbringen, muss die jPdöR im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung tätig werden. Solche öffentlichrechtlichen Sonderregelungen sind beispielsweise Gesetze, Staatsverträge oder besondere kirchenrechtliche Regelungen. Die Nichtbesteuerung endet zudem dort, wo es zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommen würde. Wettbewerbsverzerrungen werden verneint, wenn der voraussichtliche Jahresumsatz der jPdöR aus gleichartigen Tätigkeiten 17.500 € nicht übersteigt. Oder, wenn vergleichbare Leistungen privater Anbieter umsatzsteuerfrei sind. Nicht unter die Umsatzsteuer fällt zudem die interkommunale Zusammenarbeit öffentlicher Einrichtungen bei hoheitlichen Tätigkeiten. Angesichts der teils erheblichen Auswirkungen wird eine 5-jährige Übergangsregelung geschaffen, innerhalb der sich die jPdöR entsprechend aufstellen und erklären können.
- Eine weitere Umsatzsteuerfreiheit betrifft eine sozialrechtliche Ergänzung: Neben niedrigschwelligen Betreuungsleistungen (stundenweise Betreuung und Beaufsichtigung durch Ehrenamtliche) sind künftig auch niedrigschwellige Entlastungsleistungen umsatzsteuerfrei. Die Entlastungsleistungen treten neben die Betreuungsleistungen und betreffen insbesondere die
- hauswirtschaftliche Versorgung,
- Unterstützung bei der Bewältigung allgemeiner oder pflegebedingter Anforderungen des Alltags oder
- Unterstützung bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen.
Sonntag, 3. Januar 2016
Steueränderungsgesetz 2015: Umsatzsteuerliche Änderungen
Der Bundesrat hat am 16.10.2015 dem Steueränderungsgesetz 2015 zugestimmt. Die darin enthaltenen Änderungen sind grundsätzlich am 6.11.2015 (dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt) in Kraft getreten. Hiervon abweichende Zeitpunkte sind nachfolgend ausdrücklich erwähnt. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
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