Trinkgelder stehen dem Kellner zu, nicht dem Wirt. Dies hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz klargestellt. Es ging um einen Kellner, der 17 Jahre lang berechtigt war, bei den Gästen zu kassieren und das Trinkgeld zu behalten. Der Kellner verdiente ein Bruttomonatsentgelt von 1.750 € und nahm monatlich mindestens 500 € an Trinkgeldern ein. Als ihm sein Arbeitgeber die Anweisung erteilte, ab sofort nicht mehr zu kassieren, sondern dies der Geschäftsführung zu überlassen, weil das Trinkgeld nunmehr gesammelt und dann gleichmäßig unter dem Personal aufgeteilt werden sollte, war der Kellner hiermit nicht einverstanden. Wegen Verstößen gegen die neuen Regelungen erteilte sein Arbeitgeber ihm schriftliche Abmahnungen und kündigte das Arbeitsverhältnis schließlich fristlos, hilfsweise fristgerecht.
Zu Unrecht, wie das Arbeitsgericht und nunmehr auch das Landesarbeitsgericht entschieden haben: Zwar schränke eine lange geübte Praxis allein die Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers nicht ein, etwas anderes gelte aber, wenn besondere Umstände vorliegen, aus denen hervorgeht, dass der Arbeitnehmer auf die Beibehaltung der geübten Praxis einen Anspruch haben soll. Solche besonderen Umstände seien vorliegend gegeben, weil dem Kläger mit dem Entzug der Kassiertätigkeit die Chance genommen werde, von den Gästen Trinkgelder zu erhalten. Durch diese Trinkgelder erziele er aber erhebliche Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich mindestens 500 €, die ihm der Arbeitgeber nicht einseitig entziehen könne – auch nicht auf dem Umweg über ein Verbot, noch selbst zu kassieren.
Im Gegensatz zu einem sogenannten Bedienungsgeld, welches dem Wirt zusteht, handelt es sich bei einem Trinkgeld um einen Geldbetrag, den ein Dritter ohne rechtliche Verpflichtung dem Arbeitnehmer, hier dem Kellner, zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung (Bezahlung für das Essen etc.) „als Geschenk“ zahlt. Da dieses Geld dem Kellner zusteht, seien die Anweisungen der Geschäftsleitung unrechtmäßig und für den Kellner unbeachtlich gewesen. Auch die Abmahnungen und Kündigungen seien deshalb rechtswidrig.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen